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Über unbearbeitete (Roh-)Dateien / About unprocessed (raw) files

  • Autorenbild: Judith Kuhn
    Judith Kuhn
  • 8. Juli
  • 6 Min. Lesezeit

Aus gegebenem Anlass – wie man immer so schön sagt – muss ich heute einmal einen Blogbeitrag zum Thema „Herausgabe von unbearbeiteten Bildern und Roh-Dateien“ schreiben. Neulich wurde ich zum ersten Mal mit der Bitte eines Kunden um die Zusendung der unbearbeiteten Bilder bzw. der Roh-Dateien konfrontiert. Zwar war mir schnell klar, dass ich das nicht machen kann und nicht machen werde, dennoch musste ich zunächst mal das Internet zu dieser ungewöhnlichen Bitte befragen. Und meine Recherche ergab, dass ich damit nicht alleine war: viele Fotografen kamen schon einmal in diese Situation.


Ich möchte hier auch für Nicht-Fotografen verständlich erklären, warum ich keine unbearbeiteten Bilder oder Roh-Dateien herausgebe.


Beginnen möchte ich mit den Roh-Dateien. Was sind überhaupt Roh-Dateien? Eine Roh-Datei ist eine komplett unbearbeitete und unkomprimierte Datei, vergleichbar mit einem früheren belichteten Negativ- oder Diafilm. Eine Rohdatei ermöglicht es einem Fotografen, die Datei nach seinen Wünschen ohne Qualitätsverluste nachzubearbeiten bzw. zu entwickeln. Ja, tatsächlich ist bei einer Roh-Datei eine „Entwicklung“ nicht nur möglich, sondern auch notwendig, denn die Datei selbst ist fahl, kontrastarm und flach. Erst durch die Anpassung von Farbtemperatur, Kontrast, Sättigung und oftmals etlichen weiteren Parametern wird aus der Roh-Datei ein fertiges Bild. Dazu kommt noch, dass eine Roh-Datei nur mit spezieller Software geöffnet werden kann. Und last but not least kann eine Roh-Datei auch als Eigentumsnachweis bzw. Urhebernachweis dienen, ähnlich der Zulassungsbescheinigung Teil II (früher Kfz-Brief) beim Auto. Bei zahlreichen Fotowettbewerben wird die Roh-Datei nicht nur als Authentizitätsnachweis, sondern eben auch als Nachweis über die Urheberschaft herangezogen.


Jetzt komme ich zu unbearbeiteten Bildern bzw. jpg-Dateien. Natürlich kann ich die Roh-Datei auch ohne Bearbeitung als jpg-Datei speichern. Das Ergebnis wird aber, wie vorhin schon erwähnt, optisch wenig ansprechend sein. Außerdem kann ich die Bilder mit der Kamera zusätzlich zum raw-Format oder anstatt im raw-Format auch im jpg-Format aufnehmen. Dazu muss man wissen, dass bei diesem Dateiformat bereits die Kamera einen Teil der Bearbeitung automatisch übernimmt und das jpg-Format ein komprimiertes Format ist. Beides sind Dinge, die ein professionell arbeitender Fotograf aber unbedingt vermeiden möchte.


„Wir möchten unsere Bilder selber bearbeiten“ war die Begründung meines Kunden auf meine Frage, warum ich die unbearbeiteten (Roh-)Dateien zusenden sollte. Natürlich kann heutzutage jeder Dank kostenloser Bildbearbeitungsprogrammen und Apps sowie Filtern auf Instagram Bilder auf die Schnelle „bearbeiten“ oder ihnen einen anderen Look verpassen. Eine Veränderung von Bildmaterial ohne Zustimmung des Künstlers stellt allerdings einen Verstoß gegen das Urheberrecht dar. Außerdem, und das ist der wichtigste Grund, warum ich keine unbearbeiteten Dateien herausgebe Unbearbeitete Bilder oder die Bearbeitung durch den Kunden können dem Fotografen massiv schaden! In meinem konkreten Fall hatte ich den Kunden vor einem hellen Himmel fotografiert und bewusst unterbelichtet, um die Details im Himmel nicht zu verlieren. In der Nachbearbeitung hatte ich die Personen im Vordergrund aufgehellt. Die Roh-Datei zeigte aber ein unterbelichtetes Pärchen vor einem korrekt belichteten Himmel. Als fertiges Bild wäre dies als handwerklicher Fehler zu betrachten. Kein Fotograf möchte derartige Bilder im Umlauf (auf Social Media geteilt oder im Freundes- und Familienkreis herumgezeigt) wissen. Potentielle Kunden könnten den Eindruck erhalten, dass sie genau das bei mir bekommen und das wirft ungerechtfertigt ein schlechtes Licht auf meine Arbeit.



Zum Handwerk eines Fotografen gehört mehr als nur das Drücken des Auslösers. Die Bearbeitung der Bilder ist ein ganz wesentlicher Bestandteil seiner Arbeit. Die liebevolle und individuelle Entwicklung jeder einzelnen Datei im Bearbeitungsstil des Fotografen macht ein Bild erst zu dem Bild, das es sein soll. Ein unbearbeitetes Bild ist kein fertiges Produkt. Kein Mensch käme auf die Idee, im Restaurant die Zutaten für ein Gericht zu bestellen und das Essen selber zuzubereiten. Durch das Wissen und Können des Kochs entsteht aus den Rohzutaten eine schmackhaften Gericht – und beim Fotografen Erinnerungen an einzigartige Momente!


Ein Fotograf sollte nie gebucht werden, (nur) weil er der Billigste ist, er sollte immer wegen seiner Bildsprache. Wer seine Bilder (egal ob Hochzeit, Paar-Shooting, Haustierfotografie oder Produktbilder) selber bearbeiten möchte, der sollte einen Freund oder Verwandten beauftragen, der ein paar Bilder mit dem Smartphone oder der Kompaktkamera schießt und die unbearbeiteten Bilder nachher zur Verfügung stellt. Das ist auch zweifellos die günstigste Lösung.



For a specific reason—as the saying goes—I have to write a blog post today on the topic of "releasing unedited images and raw files." Recently, I was confronted for the first time with a client's request to send them the unedited images or raw files. While I quickly realized I couldn't and wouldn't do this, I still had to search the internet for information about this unusual request. And my research revealed that I wasn't alone: many photographers have found themselves in this situation before.


I'd like to explain here, in a way that even non-photographers can understand, why I don't release unedited images or raw files.


I'd like to start with raw files. What are raw files anyway? A raw file is a completely unprocessed and uncompressed file, comparable to an exposed negative or slide film. A raw file allows a photographer to process or develop the file according to their wishes without any loss of quality. Yes, with a raw file, "development" is not only possible, but necessary, because the file itself is pale, low in contrast, and flat. Only by adjusting color temperature, contrast, saturation, and often several other parameters does the raw file become a finished image. In addition, a raw file can only be opened with special software. And last but not least, a raw file can also serve as proof of ownership or copyright, similar to the vehicle registration certificate part II (formerly the vehicle registration document) for a car. In numerous photo contests, the raw file is used not only as proof of authenticity, but also as proof of authorship.


Now I come to unprocessed images, or jpg files. Of course, I can also save the raw file as a jpg file without any processing. However, as mentioned earlier, the result will be less visually appealing. I can also shoot the images with the camera in jpg format in addition to the raw format, or instead of the raw format. It's important to note that with this file format, the camera automatically handles some of the processing, and the jpg format is a compressed format. Both of these are things that a professional photographer wants to avoid at all costs.


"We want to edit our images ourselves," was my client's explanation when I asked him why I should send him the unprocessed (raw) files. Of course, these days, anyone can quickly "process" images or give them a different look thanks to free image editing programs and apps, as well as filters on Instagram. However, altering images without the artist's consent constitutes a violation of copyright. Furthermore, and this is the most important reason why I do not release unprocessed files: Unprocessed images or images that have been processed by the client can cause massive damage to the photographer! In my specific case, I had photographed the client against a bright sky and deliberately underexposed so as not to lose the details in the sky. In post-processing, I brightened the people in the foreground. However, the raw file showed an underexposed couple against a correctly exposed sky. As a finished image, this would be considered a technical error. No photographer wants such images circulating (shared on social media or shown to friends and family). Potential clients could get the impression that this is exactly what they are getting from me, and this unfairly casts a bad light on my work.



A photographer's craft involves more than just pressing the shutter button. Image processing is a vital part of their work. The loving and individual development of each file in the photographer's processing style is what makes an image the image it should be. An unprocessed image is not a finished product. No one would think of ordering ingredients for a meal at a restaurant and then preparing the food themselves. The chef's knowledge and skill transforms the raw ingredients into a delicious dish – and the photographer creates memories of unique moments!


A photographer should never be hired (just) because they're the cheapest; they should always be hired for their visual language. If you want to process your images yourself (whether it's a wedding, a couple's shooting, pet photography, or product images), you should ask a friend or relative to take a few pictures with a smartphone or compact camera and then provide the unprocessed images afterward. This is undoubtedly the most cost-effective solution.

 
 
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